Auktion 280 : Meisterwerke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 13.09.2024

1919. Schwarze Lithokreide auf Umdruckpapier. 72,5×50 cm, Zeichnung; 85×61 cm, Blattgrösse. Unten rechts vom Künstler in Bleistift signiert und datiert «Beckmann 19». Ganz leichter Lichtrand. Stellenweise bräunliche Flecken. Unregelmässigkeiten im Papier aufgrund des Druckverfahrens. Ränder stellenweise mit kleinen Einrissen. Rückseitig mit Montierungsresten. Schätzung CHF 300000 Werkverzeichnis Stephan von Wiese, Max Beckmanns zeichnerisches Werk 1903– 1925, Düsseldorf 1978, Nr. 418 Provenienz Max Beckmann, wohl erworben von Slg. Reinhard Piper, München Auktion Kornfeld & Klipstein, Bern, 15. Juni 1972, Los 32, dort erwor- ben von Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstem- pel, Lugt 913b Literatur Alexander Dückers, Max Beckmann. Die Hölle, 1919, in: Ausstel- lungskatalogMax Beckmann, Die Hölle, 1919, Kupferstichkabinett, Berlin 1983, S. 108f. S. 104, Abb.131 Ausstellungen Bielefeld 1977, Kunsthalle, Max Beckmann, Aquarelle und Zeich- nungen 1903–1950, Kat. Nr. 82 Tübingen 1978, Kunsthalle, Max Beckmann, Aquarelle und Zeich- nungen 1903–1950, Kat. Nr. 82 Frankfurt amMain 1978, Städtische Galerie imStädelschen Kunst­ institut, Max Beckmann, Aquarelle und Zeichnungen 1903–1950, Kat. Nr. 82 Frankfurt amMain 1984, Städtische Galerie imStädelschen Kunst­ institut, Max Beckmann, Frankfurt 1915–1933, Kat. Nr. 122 Bern 1989, Kunstmuseum Bern, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. EberhardW. Korn- feld], Kat. Nr. 146, Abb. S. 259 Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 92, S. 284, Abb. 154 Bern 2009/2010, ZentrumPaul Klee – Paul Klees Grafik, Die Passion des Eberhard W. Kornfeld (ohne Kat.) Als Lehrer an der Staatlichen Kunstgewerbeschule in Frankfurt, der heutigen Städelschule, fand Max Beckmann zu seiner einpräg­ samen Formensprache: kantige, reduzierte Formen, die das Bild- gefüge bestimmen. Es entstand in dieser Zeit ein reiches druck- graphisches Œuvre von aussergewöhnlicher Intensität und Qualität. Der lithographische Zyklus «Die Hölle –Grosses Spekta- kel in zehn Bildern» gilt dabei als eines der Schlüsselwerke. In zehn Kompositionen und einem Titelblatt verarbeitet Beckmann seine Erfahrungen imDeutschland nach demErstenWeltkrieg. Das Land war von Inflation und wirtschaftlicher Not geprägt und bis zur Aus- rufung der Weimarer Republik imNovember 1919 sehr unbeständig. In Frankfurt oder Berlin herrschten gar bürgerkriegsähnliche Zustände. Diese gaben den Anstoss für Beckmanns «Hölle-Pro- jekt». Schonungslos zeigt er darin eine zutiefst traumatisierte, deut- sche Gesellschaft. Er zeichnet die Menschen als verroht und ver- stümmelt, als desillusioniert und ohne Hoffnung. Die Bühne und der Zirkus dienten Beckmann immer wieder als Metaphern für die Welt. «Die Hölle» beginnt mit einem Selbstbild- nis auf dem Titelblatt, in dem der Künstler förmlich als Unterhalter zu einem grossen Spektakel einlädt. Auf diese Weise werden Ele- mente des Realen, des Imaginären und des Symbolischen ein- drucksvoll miteinander verwoben. Beckmann brachte die einzelnen Kompositionen in repräsentativem Grossformat mit Kreide aufs Papier. Im Umdruckverfahren wurden sie dann auf Lithosteine übertragen und bei C. Naumann in Frank- furt gedruckt. Die Herausgabe übernahm der Galerist Jsrael Ber Neumann, mit dem Beckmann seit 1912 bekannt war. Die hier angebotene Zeichnung auf Umdruckpapier ist die erste, nicht verwendete Fassung für das zehnte Blatt der Mappemit dem Titel «Die Letzten» (Hofmaier 148). Dargestellt ist eine Gefechts- stellung in einer Berliner Wohnung, eine Szene aus demBürgerkrieg des Revolutionsjahres 1919. In grossem Format bringt Beckmann Geschichten mit Geschichte aufs Blatt, schonungslos und direkt. J. B. Neumann äusserte sich zur Hölle wie folgt: «Noch nie hatte ich Kunst von solcher Giftigkeit, solcher Bitternis gesehen.» * 31 Max Beckmann Leipzig 1884–1950 New York Die Letzten Vgl. Max Beckmann, «Die Letzten», Blatt 10 der Folge «Die Hölle», Hofmaier 148

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