Auktion 280 : Meisterwerke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 13.09.2024

Im Laufe seines fast 100-jährigen Lebens hat EberhardW. Kornfeld (1923–2023) eine der grössten Schweizer Privatsammlungen der Nachkriegszeit zusammengetragen. Schwerpunkte waren Arbeiten auf Papier aus sechs Jahrhunderten sowie Werke befreundeter Kunstschaffender. Die Sam- melleidenschaft erfasste ihn schon als Kind. Ebi, wie er von Freunden genannt wurde, sammelte zuerst Münzen und kleine, archäologische Artefakte. Nach einer kauf- männischen Grundausbildung begann er imFebruar 1945mit einemVolontariat beim renommierten Graphikhändler Dr. August Klipstein in Bern. In den freien Sommer­ monaten besuchte er jeweils Kupferstich- kabinette, etwa in Basel, Paris, London oder Amsterdam und bildete sich dabei auto­ didaktischweiter. Er war ein äusserst geleh- riger Mitarbeiter und Schüler, so dass ihm Klipstein immer mehr Projekte übertrug und ihn schliesslich fest anstellte. Nun war es vor allem die Kunst, die ihn zum Sammeln anregte. Nach dem überraschenden Tod ihresMentors undChefs imApril 1951 über- nahmen Frieda Schuh und Ebi zusammen mit der Familie Klipstein die Firma. Nach ein paar Jahren wurde Ebi alleiniger Geschäfts- führer, erwarb in der Folge sukzessive die Mehrheit und führte die Firma schliesslich ab 1972 unter seinem eigenen Namen. Das Auktionshaus Kornfeldwurdewährend Ebis Zeit zu einem wichtigen und geschätzten «Player» im internationalen Kunsthandel, weit über die Graphik und die Schweizer Grenzen hinaus. Bis zu seinem99. Geburts- tag kam er fast an jedem Tag in sein Büro in der Villa Thurmau an der Laupenstrasse in Bern. Es gabwohl nur wenige Kunsthänd- ler, die annähernd so viele Werke in den Händen hielten, wie Ebi in seinem langen Händler- und Sammlerleben. Rechnet man seine publizierten Auktions-, Lager- und Ausstellungskataloge sowie alle nicht in die Auktion aufgenommenen Werke zusam- men, so waren es mehrere 100000 Stück, die er aus nächster Nähe auf ihre «Import- anz» hin begutachtete. Und da er über ein einzigartiges Bild- und Materialgedächt- nis verfügte, wurden alle Nuancen und Abweichungen sofort memorisiert. Sein eindrückliches und fundiertes Wissen machte ihn schnell zu einem weit herum respektierten «Scholar-Dealer», einem Händler also, der als wandelndes Kunstle- xikon und mit einem immensen Wissens- und Erfahrungsschatzmit höchster Kenner- schaft seinem Metier nachging. Sein Wissen, verbunden mit seiner Samm- lerleidenschaft, führte schliesslich zu einer wichtigen, breit angelegten Sammlung mit Werken aus dem Mittelalter bis in die Ge- genwart. Stets verband er seine Arbeit als Kunsthändler mit dem eigenen Sammeln. Am Anfang waren es vor allem Handzeich­ nungen und Graphiken alter Meister, rasch gefolgt von Arbeiten auf Papier aus dem 19. Jahrhundert und der Moderne. Als in den 1950er und 1960er Jahren das Interesse für Werke der vergessenenÖsterreicher Gustav Klimt und Egon Schiele oder des Norwegers Edvard Munch neu entfachte, war Ebi vorne mit dabei und erwarb für seine eigene Samm­ lung hervorragende Stücke. Ausser von seinem Spezialgebiet Ernst Ludwig Kirchner (vgl. Auktionskatalog280, Ernst LudwigKirch- ner aus der Sammlung EberhardW. Kornfeld) erwarb er nur wenige Ölgemälde des Im- pressionismus oder der Moderne. Er war aber nicht nur Auktionator, sondern pflegte als Galerist und Händler auch enge freund- schaftliche undwirtschaftliche Kontakte zu Kunstschaffenden seiner Zeit: Alexander Calder, Marc Chagall, SamFrancis, Alberto und Diego Giacometti oder Pablo Picasso seien stellvertretend für viele andere ge- nannt. Von ihnen erwarb er im Laufe der Jahre jeweils grössere Konvolute, einige Werke wurden ihm von den Künstlern auch geschenkt. Sein grossesWissen teilte er auchmit ande- ren, was dazu führte, dass er epochaleWerk­ verzeichnisse verfasste und verlegte und dabei neue Standards setzte. Und so ord- nen und beschreiben heute weltweit Exper- tinnen, Händler und Sammelnde Zustände von Druckgraphik wie etwa von Paul Gau- guin, Alberto Giacometti oder Paul Klee mit sogenannten «Kornfeld-Nummern». Das Verlegen und Bearbeiten von Werkver- zeichnissen erschloss auch neue Sammel- gebiete: Er kaufte Graphiken und Raritäten von Chagall, Gauguin, Giacometti, Kirchner, Kollwitz, Picasso oder Signac. Kornfeld sammelte in zwei Richtungen: Er sammelte einerseits auf Vollständigkeit, was sich etwa bei der Druckgraphik schön able- sen lässt. Und er sammelte auf «Importanz», also ausgewählte Arbeiten, die er aus kunst­ historischer Sicht als wichtig erachtete und sein Eigen nennen wollte. Im hier vorlie- genden Sonderkatalog sind 50 einzigartige Meisterwerke der Sammlung vereint. Es fin- den sichGemälde neben Skulpturen, Zeich- nungen neben Druckgraphik. Die Werke sind so frei zusammengestellt, wie Ebi Korn- feld mit seiner Kunst lebte. Wer einmal bei ihm zu Besuch war, war überwältigt von der schieren Menge an Kunst aus vielen Jahr- hunderten und der Qualität, die einem von den Wänden oder gestapelt am Boden zu Gesicht kam. Er kauftemit demuntrüglichen Auge für das Besondere, die Einzigartigkeit, verbunden ebenmit seiner legendären Ken- nerschaft. Und er wünschte sich, dass weite Teile sei- ner Sammlung nach seinem Tod in neue Hände übergehen werden. Wenige ausge- wählte museale Stücke verschenkte er an Museen, die anderen sollten nicht in einem Museumsdepot verschwinden, sondern auch in Zukunft die Herzen von Sammlerinnen und Sammlern erfreuen. Die von Ebi in über 70 Jahren zusammengetragene Kollektion eklektischer Kunstwerke wünschte er sich bei Menschen, die die Kunst ebenso sehr lieben und schätzen, wie er es in seinem langen, reichen Leben selber getan hatte. Somit besteht jetzt die einmalige Möglich- keit, Werke, die von einer Legende akribisch zusammengetragen wurden, zu erwerben und damit ein Teil Kunstgeschichte zu wer- den. Dieser Katalog ist dem Namensgeber unserer Firma gewidmet, demwir unendlich viel verdanken: Er war unser Lehrer undMen- tor, er war unser Patron und geschätzter Freund und prägte unser Geschäft mit sei- ner einzigartigen Persönlichkeit bis ins hohe Alter. Der Familie Kornfeld dankenwir für das grosse Vertrauen in unser Haus, das wir im Sinne Ebis in die Zukunft führen werden. Meisterwerke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld English version EWKmit Freunden imSalon imRothaus, Bolligen, stehend Jean Tinguely. An der Wand u.a. Georges Seurat, Dame au bouquet, Los 8, Edgar Degas, Danseuse s’inclinant, Los 3, Pablo Picasso, Danseuse au repos, Los 28

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