Auktion 280 : Meisterwerke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld 13.09.2024

Um 1882. Crayon conté auf Bütten. 31,6×24,4 cm. Bildträger etwas gewellt und oben und seitlich mit unregelmässigen Rändern. Oben rechts mit hinterlegter Ecke, in der Mittemit zwei Reissnagellöchern. Rückseitig mit Montierungsresten. In selten schöner Erhaltung. Schätzung CHF 2000000 Werkverzeichnisse César Mange de Hauke, Seurat et son œuvre, Paris 1961, Nr. 496 Erich Franz/Bernd Growe, Georges Seurat, Dessins, Paris 1984, Nr. 30 Provenienz Nachlass des Künstlers, rückseitig mit Nachlassnummer «314» Familie Appert, Paris (Familie des Künstlers) Slg. Paul Levasseur, Paris (Patensohn und Cousin des Künstlers) Slg. EberhardW. Kornfeld, Bern, rückseitigmit demSammlerstem- pel, Lugt 913b Literatur Minotaure No. 11, Revue artistique et littéraire, 5. Jahrgang, Paris 1938, Abb. S. 6 Ausstellungen Paris 1957, Musée Jacquemart-André, Seurat, ausser Katalog Bielefeld 1983, Kunsthalle, Georges Seurat, Zeichnungen, Kat. Nr. 30 Baden-Baden 1984, Staatliche Kunsthalle, Georges Seurat, Zeich- nungen, Kat. Nr. 30 Bern 1989, Kunstmuseum Bern, Von Goya bis Tinguely, Aquarelle und Zeichnungen aus einer Privatsammlung [Slg. EberhardW. Korn- feld], Kat. Nr. 22, Abb. S. 55 Paris 1991, Galeries nationales du Grand Palais, Seurat, Kat. Nr. 26 NewYork 1991/1992, TheMetropolitanMuseum, Seurat, Kat. Nr. 27 Bern/Hamburg 1996, Kunstmuseum/Kunsthalle, «Zeichnen ist Sehen», Meisterwerke von Ingres bis Cézanne aus dem Museum der bildenden Künste Budapest und aus Schweizer Sammlungen, Kat. Nr. 97, Abb. S. 217 Lausanne 1998, Fondation de l’Hermitage, Pointilllisme, Sur les traces de Seurat, S. 258, ohne Kat. Nr. Davos 1998/1999, Kirchner Museum, Werke aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 11 Madrid 2003, Fundación Juan March, Espíritu de modernidad: de Goya a Giacometti, Obra sobre papel de la colección Kornfeld, Kat. Nr. 9, S. 130, Abb. S. 31 Chicago 2004, The Art Institute, Seurat and the Making of La Grande Jatte, Kat. Nr. 11, S. 272, Abb. S. 34 New York 2007, The Museum of Modern Art, Georges Seurat: The Drawings, Kat. Nr. 44, S. 250, Abb. S. 86 Wien 2008/2009, Albertina, Wege der Moderne, Aus der Sammlung Eberhard W. Kornfeld, Kat. Nr. 15, S. 291, Abb. S. 37 Zürich/Frankfurt amMain 2009/2010, Kunsthaus/Schirn Kunsthalle, Georges Seurat, Kat. Nr. 26, S. 142, Abb. S. 50 Wien 2012, Albertina, Impressionismus : Pastelle, Aquarelle, Zeich- nungen, Kat. Nr. 148, Abb. S. 251 Georges Seurat begann bereits 1874 in jugendlichem Alter zu zeichnen und entwickelte sukzessive seinen eigenen, unverkenn- baren Stil. Mit zweiundzwanzig Jahren hatte er seine einzigartige Zeichentechnik bereits voll entwickelt: Er liess die einzelnen Linien zugunsten grosser, schattenhafter Massen verschwinden. Die sam- tigen Formen undOberflächen entstanden, indemder Künstler das grobe Büttenpapier mit der fettigen Conté-Kreide einrieb und mit der Spitze der Kreide ein dichtes Liniengewirr schuf, das die Kom- position fast vibrierend verdichtete. Um 1882 schuf Seurat zahlreiche Frauen- und Männerfiguren von rätselhafter Intensität. Die dunklen, meist gesichtslosen Gestalten erscheinen wie im Gegenlicht; vermutlich waren die Werke auch eine Antwort auf die Fotografie. Es ging Seurat nicht umdie exakte Wiedergabe einesMotivs, sondern umeine fast ätherische Bestan- desaufnahme. Die Formen sind nie klar definiert, die Konturen nie gezeichnet; die Figuren werden durch ausdrucksstarke Schattie- rungen von sorgfältigmodulierter Dichte wiedergegeben. Seurats Methode war stark von den ästhetischen Theorien von Charles Blanc und Humbert de Superville beeinflusst. Diese hatten Studien veröffentlicht, in denen sie erklärten, wie die Richtung der Linien in Verbindung mit den Farben unterschiedliche Emotionen bei den Betrachtenden hervorrufen kann. Nach Blanc sind lineare Richtun- gen «unbedingte Zeichen» für Emotionen. Aufsteigende Linien werden mit Gefühlen der Freude und des Lebens in Verbindung gebracht. Die hier angebotene Zeichnung gehört zu den besonders geheim- nisvollen Arbeiten des Künstlers. Die Konturen der Dame wurden nicht durch Linien, sondern durch sanftes Reiben der Conté-Kreide auf der geriffelten Oberfläche des Papiers umrissen, wobei durch das Auftragenmehrerer Schichten dunklere Zonen entstanden, die an den sich überlagernden, in entgegengesetzte Richtungen ver- laufenden Linien erkennbar sind. Die Protagonistin scheint wie von einer undefinierbaren Lichtquelle beleuchtet und den Raum imHier und Jetzt in eine andere Dimension zu durchschreiten. * 8 Georges Seurat 1859 Paris 1891 Dame au bouquet, de dos verso

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