Auktion 283 : Graphik und Handzeichnungen Alter Meister 12.09.2024

2072 Rembrandt Harmensz. van Rijn Leiden 1606–1669 Amsterdam Die drei Kreuze Christ Crucified Between the Two Thieves: «The Three Crosses» 1653. Kaltnadel auf Bütten ohneWasserzeichen. 39,4×46 cm, Blattgrösse. Ein in jeder Hinsicht prachtvoller Abzug von Rembrandts graphischemHauptwerk. Die durch die intensive Kaltnadelarbeit bewirkte samtige Oberflächenqualität des Blattes hat sich wunderbar erhalten. Umlaufend mit einem ca. 5 mm brei­ ten Papierrand. Auf der Rückseite lassen sich Spuren einer vertikalen Mittelfalte sowie eine leicht diagonal verlaufende horizontale Falte entlang des oberen Blattrandes ausmachen. Diese sind allerdings von vorne nicht zu erkennen (die horizontale bestenfalls in schärfstemStreiflicht). Sichtbar sindweiterhin einige alte Tinten­ flecke und eine frühe Kreide-Paraphe. Die seltene Kombination von Druckqualität und exzellentem, gänzlich unbe­ handeltemErhaltungszustandmachen diesen Abdruck auch über dieWelt der Graphik hinaus zu einem Werk von grösster Importanz. Schätzung CHF 700000 Werkverzeichnisse The New Hollstein (Hinterding/Rutgers) 274/IV (v. V), dieses Blatt erwähnt White/Boon 78/IV (v. V) Provenienz Wohl Slg. Bischof John Moore (1646–1714), Norwich und Ely 1714 von König George I. mit der Bibliothek des Bischofs erworben und 1715 verschenkt an die Cambridge University Library (Lugt 2475). Nach der Überführung der Biblio­ thekssammlung an das Fitzwilliam Museum, Cambridge, dort als «Doublette» ausgeschieden Auktion Sotheby’s, London, April 1878, Los 119 Slg. Samuel Spencer (1847–1906). Von seinem Urenkel verkauft an Privatsammlung, USA C. G. Boerner, Katalog «Fine Prints», Düsseldorf/New York 1998 Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern (erworben 1999) Die in Kaltnadeltechnik ausgeführte Graphik «Die drei Kreuze» konkurriert im Format mit Gemälden. Rembrandt überarbeitete sie nach Vollendung des III. Zustands mit einer Radikalität, die in der gesamten Geschichte der Druck­ graphik keinen Vergleich hat. Die ersten drei Zustände zeigen einen Kalvari­ enberg, auf dem viele Figuren in Licht getaucht und benennbar sind. Da sich die Kaltnadel schnell abnutzte, überarbeitete Rembrandt die Komposition im IV. Zustand mit elementarer Gewalt. Zwischen beiden Zuständen liegt keine lange Pause, vielmehr folgen sie unmittelbar aufeinander, was erst in der jün­ geren Forschung aufgrund der Wasserzeichen der Papiere bestätigt werden konnte. Rembrandt schliff die Platte weitgehend ab und veränderte die ursprüngliche Konzeption grundlegend, wobei allerdings die Kreuzemit Jesus und dem Schächer zu seiner Rechten erhalten blieben. Durch kräftige Schraf­ furen tauchte er den ganzen Hügel nunmehr weitgehend in tiefes Dunkel. Auf­ fallend ist die Hinzufügung eines Reiters, der sich auf die Medaille Antonio Pisanellos bezieht, die das Reiterbildnis Gian Francesco Gonzagas zeigt. Der Reiter wurde mit Pontius Pilatus zu identifizieren versucht, was insofern plau­ sibel ist, als der lange Stab in den Händen des Reiters auf die Pilatus-Darstel­ lung in Rembrandts «Ecce homo» vorausweist. Rembrandts «Drei Kreuze», eine technischeMeisterleistung und inhaltlich ein­ zigartig, sind ein Meilenstein in der Geschichte der Druckgraphik und darüber hinaus in der Geschichte der abendländischen Kunst überhaupt. – Beigabe: Antonio Pisanello. Medaille des Gian FrancescoGonzaga. Um 1440. Moderner Abguss in Bronze. * Beigabe: Antonio Pisanello. Medaille

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ4OTU=