Auktion 283 : Graphik und Handzeichnungen Alter Meister 12.09.2024

2080 Rembrandt Harmensz. van Rijn Leiden 1606–1669 Amsterdam Christus predigend Christ Preaching («La petite tombe») 1657. Radierung und Kaltnadel auf japanischem Gampipapier. 16,9×21,9 cm, Blattgrösse. Mit reichemGrat druckender Abzug von unübertrefflicher Schön­ heit. Abgesehen von einer kleinen Bereibung oben rechts der Mitte sowie einemwinzigen, aber von vorne nicht erkennbaren Löchlein oben links hat das goldtonige Blatt seine unverpresste Oberflächenqualität bewahrt und ist ins­ gesamt von bestechend schöner Erhaltung. Schätzung CHF 180000 Werkverzeichnisse The New Hollstein (Hinterding/Rutgers) 298/I (v. II) White/Boon 67 Provenienz Slg. Robert Stayner Holford (1808–1892), London und Westonbirt, Lugt 2243 Slg. Valentin Weisbach (1843–1899), Berlin, Lugt 2539b Slg. Werner Weisbach (1873–1953), Berlin und Basel, Lugt 2659a Auktion Gutekunst & Klipstein, Bern, 11. März 1954, Los 216 Slg. Eberhard W. Kornfeld, Bern, Lugt 913b Das offenbarte Wort ist zentral für das Selbstverständnis des Christentums. Somit kommt auch der Predigt Jesu eine besonders herausgehobene Stellung innerhalb der heilsgeschichtlichen Bildtradition zu. Rembrandt hatte sie bereits acht Jahre zuvor zum Thema eines seiner berühmtesten graphischen Werke, des sog. «Hundertguldenblattes» gemacht, dessen komplexe Kombination der graphischen Techniken Radierung, Kaltnadel und Kupferstich nur sehr wenige Abdrucke von höchster Qualität zuliess. Als er dannmit dem «Ecce Homo» und den sog. «Drei Kreuzen» ähnlich wichtige heilsgeschichtlicheMomente aufgriff, führte er diese trotz der monumentalen Formate als reine Radierungen mit der Kaltnadel überarbeitet aus, was erneut nur eine verhältnismässig kleine Auflage erlaubte. Etwa zeitgleich mit diesen entstand als letzte vielfigurige Graphik diese Darstellung des Predigenden. Auf kleinemFormat gelingt es Rembrandt, ein Fülle von Personen um Jesus herum zu versammeln, der diese direkt anspricht und sich durch seine frontale Position und den offenen Raum vor ihm auch an uns als Betrachter zu wenden scheint. Nur ein Kind liegt abgewandt vomGeschehen auf demBoden und zeichnet gedankenverloren in den Sand – ganz so, als wolle der Künstler hier auf seine eigene Rolle als unbeteiligter Beobachter anspielen. ImNachlassinventar vonClement de Jonghe, der viele von Rembrandts Druck­ platten besass und auch wieder auflegte, wird die Platte als «het Latombisch printje» aufgeführt, was Edmé-François Gersaint dazu verleitete, dem Blatt in seinem 1751 publiziertenWerkverzeichnis von den Graphiken Rembrandts den irreführenden Titel «La petite tombe» zu geben, obwohl hier durchaus kein «kleines Grab» dargestellt ist. Man vermutet heute, dass die Archivnotiz sich auf Nicolaes oder Pieter de la Tombe bezieht, die die Graphik in Auftrag gege­ ben haben könnten. Die Druckplatte erlaubte offenbar eine beachtliche Auflagenhöhe – auch in unserer Auktion kommen nicht weniger als drei (!) verschiedene Abzüge zum Ausruf. Die unterschiedliche Intensität der durch die Kaltnadelpartien hervor­ gerufenen Gratwirkung erlaubt Rembrandt jedoch eine qualitative Differen­ zierung. Der Grat des hier angebotenen Exemplars ist derart reich, dass es zu den wohl allerfrühesten Drucken überhaupt gezählt werden muss. Gesteigert wird seine Exklusivität noch durch das warmtonige Gampi-Papier, das über­ haupt erst in den 1650er Jahren, also im Jahrzehnt der Entstehung des «Petite tombe» von der Niederländischen Ostindien-Kompanie aus Japan eingeführt wurde, was diesen Abdruck zweifelsohne schon zu Rembrandts Lebzeiten zu einer geradezu unerhörten Kostbarkeit gemacht haben muss. *

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