Eberhard Walter Kornfeld, von seinem Umfeld «Ebi» genannt, war ein Monument. Und er war noch viel mehr, er war eine Instanz, eine Instanz, an der im Kunsthandel und der Kunstwelt der Schweiz und auch international während über 70 Jahren kein Weg vorbeiführte. Im Februar 1945 begann Ebi mit knapp 22 Jahren ein dreijähriges Praktikum bei der renommierten und seit 1920 in Bern ansässigen Kunsthandlung August Klipstein, vormals Gutekunst & Klipstein. In den Sommermonaten besuchte er jeweils Kupferstichkabinette, etwa in Basel, Paris, London oder Amsterdam und bildete sich dabei autodidaktisch weiter. Er war ein äusserst gelehriger Mitarbeiter und Schüler, so dass ihm August Klipstein immer mehr Projekte übertrug und ihn schliesslich fest anstellte.

Ebi war aber nie nur an Rekordpreisen interessiert, nein, ihn interessierte in erster Linie die Kunst. Und so beschrieb er ein Blatt für 1'000 Franken mit gleicher Akribie und Raffinesse wie ein Millionengemälde. Über viele Jahrzehnte war es ausschliesslich Ebi, der die Auktionskataloge im Alleingang verfasste. Und so gingen in all den Jahrzehnten praktisch alle Kunstwerke in unserem Haus über seinen Arbeitstisch. Es gab wohl nur wenige Kunsthändler, die annähernd so viele Werke in den Händen hielten, wie Ebi in seinem langen Händler- und Sammlerleben. Rechnet man seine publizierten Auktions-, Lager- und Ausstellungskataloge sowie alle nicht in die Auktion aufgenommen Werke zusammen, so waren es mehrere 100'000 Stück, die er aus nächster Nähe auf ihre «Importanz» hin begutachtete. Sein eindrückliches und fundiertes Wissen machte ihn schnell zu einem weit herum respektierten «Scholar-Dealer», einem Händler also, der als wandelndes Kunstlexikon und mit einem immensen Wissens- und Erfahrungsschatz mit höchster Kennerschaft seinem Metier nachging. Seine tiefe Liebe zur Kunst wurde auch in seiner eigenen Sammlung deutlich, die er immer wieder gerne Museen für Ausstellungen zur Verfügung stellte – oder Teile davon sogar grosszügig verschiedenen Institutionen vermachte.

Er war aber nicht nur Auktionator, sondern pflegte als Galerist und Händler auch enge, freundschaftliche und wirtschaftliche Kontakte zu Kunstschaffenden seiner Zeit: Marc Chagall, Sam Francis, Franz Gertsch, Alberto Giacometti, Joan Mitchell, Pablo Picasso, Niki de Saint-Phalle oder Jean Tinguely seien stellvertretend für viele andere genannt. Er hat sich auch immer wieder mit kulturpolitischen Belangen befasst und präsidierte für 37 Jahre den Kunsthandelsverband der Schweiz.
Vor knapp 10 Jahren ist die nächste Generation angetreten, die Geschicke der über 150-jährigen Firma, deren Geschichte Ebi fast zur Hälfte mitgeprägt und geformt hatte, zu übernehmen. Es war ein unglaubliches Privileg, die letzten Jahre so intensiv mit ihm als Meister und Mentor zusammenzuarbeiten, täglich von ihm zu lernen und mit ihm zu wachsen. Bis ins hohe Alter nahm er Anteil am Betrieb in der Firma und leitete seine letzte Auktion im Jahr 2017 mit Bravour. Ebi war über 78 Jahre für die Firma tätig und arbeitete davon 66 Jahre ganz vorne am Auktionspult. Vor knapp fünf Jahren hat er auch noch engagiert mitgewirkt, als in einem Architekturwettbewerb die Weichen gestellt wurden, unsere Firma baulich zu erneuern und zu erweitern.