Kleve 1921 - 1986 Düsseldorf
Ausrufzeit 13.09.2024,
circa 15.05 Uhr (CET)
(+/- 30 Min.)
1979
Farbfotografie, mit Handschrift in brauner Farbe
255x125 cm
Oben in der Mitte vom Künstler signiert und datiert "Joseph Beuys 1979"
Vom Künstler an
Slg. Werner Krüger, Köln, erworben von
Slg. Géza Istvan Schlégl, Zürich, dort erworben von
Internationaler Privatsammlung
Zürich 1989, Galerie & Edition Schlégl,
Sevilla 1993, Museu de Arte Contemporaneo, Aprovechar a las Animas
Bonn 2021, Bundeskunsthalle, Beuys - Lehmbruck, Denken ist Plastik,
In sehr schöner Gesamterhaltung
Das komplexe Œuvre von Joseph Beuys lässt sich nicht leicht zusammenfassen. Er schuf materielle Arbeiten, also Malerei, Zeichnungen oder Installationen, aber veranstaltete auch performative Aktionen. Die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und den sie spiegelnden Kunstsystemen prägte die Werke. Er forschte an der Grenze von Kunst und Wissenschaft, die er als aufzulösende Gegenpole verstand. Dies sollte durch die Umformung der am "Materialismus" erkrankten westlichen Welt in eine neue soziale Bewegung geschehen. Alle Menschen, die an dieser Transformation mitwirkten, sah er als Teil der "Sozialen Plastik" (manchmal auch "Soziale Skulptur" genannt). So bewegte er sich selbst ständig an der Schnittstelle von Kunst und Leben.
In einem seiner "skripturalen Schnappschüsse", publiziert in Steffen Popps "Joseph Beuys. Mysterien für alle", schrieb der Künstler: "Mit dem Ende der Modernen Kunst beginnt für mich die Kunst erst, mit dem Ende der Modernen Kunst stirbt nicht die Kunst, sondern sie wird erst geboren –, aber dann handelt es sich um einen gewandelten Kunstbegriff. Es ist ein anthropologischer Kunstbegriff: Dann ist jeder Mensch ein Künstler." Der Künstler verbreitete sein Programm oft mit Flugblättern oder Plakaten. Eine weitere Phrase, "Kunst = Kapital", schrieb er auf Banknoten und signierte sie.
Immer wieder setzte er auch lebensgrosse Fotografien von sich selbst ein, am meisten verbreitet ist vermutlich der schreitende Künstler mit dem Titel "La Rivoluzione Siamo Noi" von 1971/1972. Unsere grossformatige Fotografie, die im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt entstand, zeigt den Künstler vor dem Skelett eines Mastodons (Mammuts). Der Fotograf Werner Krüger (geb. 1917) fotografierte Beuys vor dem Urtier und machte drei Abzüge. Als er sie Beuys übergab, sagte dieser "etwas daraus machen zu wollen", wie Krüger erzählte. Beuys hat auf die grossen Formate in breitem Pinselstrich scheinbar zwei Phrasen geschrieben und jeweils signiert. Eine Arbeit mit dem Spruch "Kunst = Kapital" ging an den deutschen Kunstkritiker Willi Bongard (1931-1985), eine verblieb bei Beuys und das hier vorliegende Exemplar beschriftet mit dem Anfang des oben zitierten Texts "mit dem Ende der modernen Kunst fängt die Kunst erst an" ging an Werner Krüger. Die bearbeitete Fotografie erschien also in kleinster Auflage, faktisch als Unikat. Später kamen noch grünstichige Abzüge in Umlauf, die mit dieser ersten, in nur drei Exemplaren hergestellten Arbeit nicht vergleichbar sind. Das vorliegende Werk wird mit dem kräftigen Titel zu einem Manifest von Beuys und ist sicherlich eine der grundlegenden Arbeiten für sein künstlerisches Verständnis.
Mit der Originalarbeit wird eine im Jahr 2011 von Eva Beuys autorisierte Reproduktion als Ausstellungskopie verkauft.
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